Katholische Kirche St. Ursula, Saarbrücken-Scheidt, Außenansicht von Nord-Osten. Foto: Marlen Dittmann

Katholische Kirche St. Ursula, Saarbrücken-Scheidt, Außenansicht von Nord-Osten 

Eingangsbereich von Nord-Osten. Foto: Marlen Dittmann

Eingangsbereich von Nord-Osten 

Innenansicht: Langschiff nach Süden. Foto: Marlen Dittmann

Innenansicht: Langschiff nach Süden 

Innenansicht: Altarraum. Foto: Marlen Dittmann

Innenansicht: Altarraum 

Frans Masereel, Wandfresco, 1948, 3 x 3 m, Altarraum, Ostwand. Foto: Marlen Dittmann

Frans Masereel, Wandfresco, Altarraum, Ostwand 

Frans Masereel, Wandfresco, 1948, 3 x 3 m, Altarraum, Westwand. Foto: Marlen Dittmann

Detail 

Kruzifix. 1948. Foto: Marlen Dittmann

Frans Masereel, Wandfresco, Altarraum, Westwand 

Glasfenster. Foto: Marlen Dittmann

Detail 

Kruzifix, 1948 

Glasfenster 

 

 

 

 

Saarbrücken, Bezirk Dudweiler (Scheidt), Katholische Pfarrkirche St. Ursula

Letzte Änderung: 18/10/2011

Katholische Pfarrkirche St. Ursula

Saarbrücken, Dudweiler, Scheidt, Kirchweg 13

 

Am 27. Oktober 1935 wurde die Kirche St. Ursula in Saarbrücken-Scheidt geweiht. Sie ist eine der wenigen Kirchen, die noch in den 1930er Jahren im Saarland gebaut wurden, einer in den ersten beiden Jahrzehnten sehr kirchenbaufreudigen Region. Die meisten dieser Gotteshäuser zeichnen historistische Stilzitate aus. Stufenportale, pylonartige Eckrisalite, Spitzbögen dienen als Bedeutungsträger für das Sakrale. Allerdings hinterließen bedeutende Kirchenbaumeister auch wegweisende Werke: Clemens Holzmeister in Merchingen und Brotdorf, Hans Herkommer St. Michael in Saarbrücken oder die im Krieg zerstörte und unzulänglich wieder aufgebaute Kirche St. Anna in St. Wendel-Alsfassen. Erwähnt seien auch Albert Boßlet und St. Hildegard in St. Ingbert. 1935 nun entstand noch die St. Josefskirche in Göttelborn, Architekten waren die Saarbrücker Weiß und Schultheiß, während St. Maria in Herrensohr erst 1936 von den Mainzer Architekten Becker und Falkowski errichtet wurde. Die Evangelische Kirche in Rußhütte erbaute Rudolf Krüger 1935. Der Architekt von St. Ursula in Scheidt war Jacob Quirin, der sich auch Jacques nannte.

Die Katholische Kirchengemeinde in Scheidt gehörte seit dem Mittelalter zum Stift St. Arnual, war seit 1923 eine Filiale der Pfarrei Rentrisch, erhielt 1950 ein Vikariat und wurde 1961 selbständige Pfarrei. Der Wunsch nach einer eigenen Kirche war seit der Zugehörigkeit zu Rentrisch vorhanden, 1934 konnte der Architekt Jacob Quirin mit dem Bau beauftragt werden. Er plante eine Kirche mit einem Pfarrzentrum – Pfarrsaal und Pfarrhaus -, doch die finanziellen Mittel erlaubten vorerst nur den Kirchenbau. Dieser hat eine wechselvolle Bau- und Ausstattungsgeschichte.

Die Kirche ist nicht geostet, sondern steht in Nord-Südrichtung auf einem damals noch nicht bebauten steilen Hang am Ortsrand. Zur Erbauungszeit war sie weithin sichtbar und rief so die entfernt wohnenden Gläubigen zum Gottesdienst. Heute wird sie hart bedrängt von der umgebenden heterogenen Wohnbebauung. Auf sehr einfachem Grundriss, einem Rechteck von 15 x 20 m mit angehängtem quadratischem Chor in den Ausmaßen von 7 x 7 m, entwickelt sich ein schlichter, kubisch wirkender Bau in einer klaren Formensprache. An der Chorwestseite schließt sich die Sakristei an. Quirin verzichtet auf jegliches Stilzitat. Ein umlaufender Sockel aus dunkelroten Ziegeln und hochliegende Rundbogenfenster mit abgeschrägter Sohlbank beleben die heute weiß verputzten Außenwände. Den Abschluss bildet ein leicht überstehendes, mit roten Ziegeln gedecktes Satteldach. Prägnanz erhält die Kirche durch ihre Eingangswand. Eine vorgestellte quadratische Wandscheibe verdeckt den schrägen Dachgiebel und weckt die Illusion eines breitgelagerten Flachdachbaus. Sie wird durchbrochen von einer schlichten Doppeltür, darüber lag ursprünglich nur ein kleines Rundbogenfenster. So jedenfalls ist es einem im Pfarrsaal hängenden Gemälde einer unbekannten Hobbymalerin zu entnehmen. Aus der rechten Wandseite wächst ein 15m hoher Glockenturm mit einer Grundfläche von 2,5 x 3m und bekrönendem Satteldach hervor. Schalljalousien unterstreichen das aufragende Bild. Diese markante Giebelwand wurde 1965 stark verändert, denn seither schiebt sich ein flachgedeckter Vorbau aus Glasbausteinen vor die einst geschlossene Wand. Sie wird zusätzlich geöffnet von einem großen querrechteckigen Fenster aus Glasbausteinen. Dieser Vorbau wurde 2001 durch eine leicht und durchlässig wirkende Aluminium-Glas-Konstruktion ersetzt.
1962 entstand das anschließende Pfarrheim und das Pfarrhaus. Diese Bauten des Architekten Schick aus Sulzbach-Neuweiler erreichen nicht die architektonische Qualität der Kirche. Vor allem das Flachdach des Pfarrsaal ist unglücklich an die Seitenwand der Kirche angebunden. Doch gemeinsam mit der Kirche begrenzen sie einen kleinen intimen Kirchplatz.

Der Besucher erreicht St. Ursula über eine hohe Treppe, betritt dann den Kirchplatz, weiter führt der Weg über einige Stufen in den Vorraum, einem angenehmen Treffpunkt, um dann durch die große Eingangstür in der Mittelachse der Kirche in eine niedrige, verdunkelte Zone unterhalb einer Empore einzutreten, bevor sich der Kirchensaal in Helligkeit und Weite öffnet. Der Blick fällt auf den Chor, den sieben Stufen vollkommen ausfüllen. Der direkte Weg führt auf ihn zu. Unterstrichen wird dies von der Deckenkonstruktion. Eine chorbreite höhere Mittelzone durchläuft den gesamten Bau, vom Eingang bis zur Chorrückwand, während die wenig niedrigeren Seiten nur den Gemeinderaum begleiten. Sie erwecken jedoch die Illusion von Seitenschiffen. St. Ursula wurde im Inneren immer wieder verändert, das heutige Bild entstand 2003.


Die Kirche ist eindeutig gerichtet, also eine Wegekirche, wie sie im Saarland bis zum 2. Weltkrieg errichtet wurden, Zentralräume entstanden hier erst nach dem Krieg. Vorbild des damals noch sehr jungen Architekten Quirin für seinen ersten selbständigen Bau mag St. Agatha in Merchingen gewesen sein. Diese Kirche, 1929/30 durch den Architekten Clemens Holzmeister in einem dörflichen Umfeld erbaut, wird ebenfalls von einer prägnanten Giebelwand beherrscht. Innen weitet die sichtbare Balkenlage der Decke in Merchingen wie in Scheidt das Gotteshaus, dessen Seitenwände jeweils sechs Fenster durchbrechen. 1935 schiebt sich vor die Chorwand eine Kanzel, die gegenüberliegende Seite nimmt ein Altar ein. Während hoch oben im Chor auf dem Podest der siebenten Stufe der große Altar steht, wo die Heilige Handlung zwar sichtbar aber mit dem Rücken zur Gemeinde zelebriert wurde. Nach dem 2. Vatikanischen Konzil, 1967, wird der Hochaltar entfernt, zerlegt und in kleinerer Form auf einer der Stufenanlage vorgelagerten Insel aufgestellt. Die Forderung nach Gemeindenähe und die Zelebration versus populum lassen sich damit erfüllen. Die jetzt überflüssige Kanzel wurde abgerissen.


Da die vorhandene Dokumentation der Kirche wenig aussagekräftig ist, kann nur vermutet werden, dass die 12 Glasfenster der Seitenwände sowie 4 Sakristeifenster aus der Entstehungszeit stammen. Sie wurden von der Firma Johann Muth in Blieskastel 1957/58 restauriert. 2003 hat dies die Firma Freese, Saarbrücken, wiederholt. Die hochliegenden, stark farbigen Fenster zeigen jeweils ein christliches Symbol in abstrahierender Form, ostseitig auf gelbtönigem, gegenüber auf blautönigem Hintergrund. Sie sind in Eichenholzrahmen gefasst, einer seltenen Konstruktion. Seit 1957/58 fällt durch runde farbige Glasfenster hoch oben an der Chorwestseite Licht auf den Altar. Sie wurden ohne vorherige Absprache und ohne Genehmigung der Bischöflichen Behörde eingebaut. Das schmale, hohe Glasfenster an der Chorostseite erhellt den gesamten Chor. Ob es bereits aus der Entstehungszeit stammt ist so wenig bekannt wie die Schöpfer aller Glasfenster.


Man muss sich die Vorkriegskirche also als eine sehr karge vorstellen. Die Kanzel und die leicht geschwungene Orgelempore beherrschten das Bild. Sie waren wie die Deckenbalken und die Kirchenbänke in einem rotbraunen Farbton gebeizt.

Am 5. März 1948 schreibt der auch als Kirchenvorstandsmitglied tätige Malermeister Jakob Toussaint an das Bischöfliche Generalvikariat, nachdem die durch Kriegseinwirkungen schwerbeschädigte Kirche von ihm wieder instand gesetzt worden war: "Bei dieser Gelegenheit wollen wir auch den Neuanstrich und die Ausmalung unserer Kirche durchführen. Die Kosten für die letzteren Arbeiten hat in großzügiger Weise unser Herr Pastor Schütz übernommen. … Für eine kunstgerechte Ausmalung habe ich mich mit der Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken in Verbindung gesetzt." Gleichzeitig reicht er einige Entwürfe ein. Der Vorschlag Nr. 1 entspricht den Wünschen des Kirchenvorstandes am meisten, da sie "von dem Gedanken ausgingen, den Altarraum als Opferstätte wirkungsvoll hervorzuheben. Dies wollen wir dadurch erreichen, dass wir den Hintergrund des Altares mit dem vorhandenen großen Holzkreuz in einem leuchtend weißen Ton halten. Die beiden Seitenwände mit den Symbolen aus dem AT (Opfer des Melchisedek und Opfer Isaaks) möchten wir in hellgelbem (nicht ganz ockergelben) Farbton halten. Dadurch wollen wir den Altar mit dem großen Kreuz noch mehr zur Geltung bringen.
Das Kirchenschiff möchten wir wieder im gleichen weißen Tone wie den Altarhintergrund halten. Auf die Seitenflächen über der Kanzel und dem Seitenaltar dachten wir uns die Darstellung von Gottvater und dem Hl. Geist, um auch dadurch auf die zweite Person, Christus am Kreuz hinzuzeigen.
An das vorhandene Holzkreuz über dem Altar soll ein aus hellem Lindenholz gehaltener Korpus später angebracht werden."


Toussaint geht dann noch auf die Schwierigkeit ein, die mit Gips verputzte Kirche mit einem Mineralfarbe zu streichen und erklärt sein Vorgehen, um dennoch einen haltbaren Anstrich zu erzielen. Das ist ihm offenbar nicht gelungen, denn in den nächsten Jahrzehnten muss die Kirche immer wieder neu gestrichen werden.


Die Antwort der Bischöflichen Behörde datiert vom 12.März 1948. "Die Ausmalung und vor allem die Wahl der Bilder für das Gotteshaus muss in erster Linie nach gottesdienstlichen und seelsorglichen Rücksichten getroffen werden; zu vermeiden sind deshalb solche Bilder, die seelsorglich nicht sehr wertvoll oder vielleicht sogar abstoßend sind. Vorzuziehen sind solche Bilder, die das Wirken des Priesters in Bezug auf die Seelen möglichst erleichtern und befruchten. Von diesem grundlegenden Standpunkt aus gesehen erscheinen die beiden Vorbilder des Allerheiligsten Sakramentes Melchisedechs Opfer und Abrahams Opfer dogmatisch allerdings von reichem Inhalt, seelsorglich aber weniger. Bei ihrem Anblick fühlt sich der betende Christ, vor allem das breite Volk, sich nur in ganz geringem Maße und nur auf einem gewissen Umwege zur andächtigen Teilnahme am heiligen Opfer angeregt. Dazu kommt, dass die Opferszene Abraham-Isaak, vor allem bei Darstellung in großem Maßstab, leicht einen abstoßenden Eindruck erregt." Es werden dann weitere Vorschläge für die Ausmalung gemacht. Das Schreiben endet: "Ihr Zusammenwirken mit der Kunstschule in Saarbrücken begrüßen wir mit wahrer Freude; der Kunstschule selbst wird es eine Genugtuung sein, hier bei einem sakralen Werke und in echter Volksverbundenheit zu arbeiten."


Daraufhin sind weitere Entwürfe vorgelegt worden, die in der Klasse von Frans Masereel durch seine Meisterschülerinnen Martha Traut und Marliese Scheller geschaffen wurden. In einem Schreiben vom 28. Juli 1948 werden sie beurteilt. Es handelt sich offensichtlich um die Vorlagen zu den dann ausgeführten Wandfresken. "Vom inhaltlichen Standpunkt können wir den Gedanken, an den Wänden des Chores die dem hl. Opfer beiwohnende Gemeinde oder die Besucher des Allerheiligsten zu verkörpern, nur zustimmen. Der Entwurf Traut zeigt diese betenden Menschen ausnahmslos in leidenschaftlich drängender Bewegung, womit selbstverständlich gleichgültig ist, ob sie flehend beten oder ob sie anbeten. … Es muss bezweifelt werden, ob diese Leidenschaft in den Seelen der Beschauer ein Echo finden wird und ob sie geeignet ist, die Beter glücklich zum Altar hin zuführen. Es ist im Gegenteil zu befürchten, dass der größte Teil der Beschauer und Beter sich innerlich hierzu in Gegensatz stellen werde… die künstlerische Beredsamkeit, mit der die Künstlerin Traut die genannten Leidenschaften zum Ausdruck zu bringen vermag, verdient freilich alle Bewunderung.


Auf dem Entwurf Scheller ist eine reichere Skala seelischer Tätigkeit dargestellt; das Anbeten, das Staunen, das Verehren, das Flehen, die Reue. Diese seelischen Tätigkeiten sind ruhiger und abgeklärter.


Der künstlerischen Formung nach beurteilt, erheben sich die beiden Entwürfe weit über die Öde, in den Alltag versinkende Naturalistik, die noch vor kurzem unter Umgehung der kirchlichen Behörde nahe bei Neunkirchen ein Gotteshaus durch kitschige Wandgemälde entstellt hat. Es muss jedoch bedacht werden, dass eine abstrahierende Kunst noch bei weitem nicht in allen Volkskreisen verstanden wird und das sie deswegen, wenn sie vor eine Gemeinde hintritt, das vermeiden sollte, was die meisten Kirchenbesucher abschrecken würde.


Widerspruch wird sich, besonders aus der alten Generation, gegen Wandbilder erheben, wenn sie von dem Hergebrachten der letzten Jahrzehnte abweichen. Deswegen aber die moderne Kunst aus dem Gotteshaus fernzuhalten, hieße die kirchliche Kunst zum Stillstand zu verurteilen. …" Unterschrieben wurde diese Stellungnahme von Prof. Irsch. Das Schreiben scheint aus heutiger Sicht fast hellsichtig, denn die Wandgemälde blieben in der Kirche nicht lange sichtbar.


Im Sommer 1948 nun hat Frans Masereel gemeinsam mit seinen Schülerinnen und Schülern – neben Traut und Scheller gehörten dazu Volkmar Groß, Otto Lackenmacher und Hans-Ernst Wenzel, zwei große Secco-Fresken, - auf trockenem Untergrund aufgetragene 3 x 3m große Wandgemälde -, auf die Chorseitenwände von St. Ursula aufgebracht.


Am 23. Oktober 1948 wurden sie feierlich eingeweiht. Sie stellen ganz gewöhnliche Menschen dar, die sich vor dem Kreuz an der Altarrückwand verneigen. In einer abstrahierend naturalistischen Formensprache zeigen die überlebensgroßen Figuren Trauer, Flehen, Freude, Anbetung , Gefühlsregungen also, mit denen jedermann vor Christus treten könnte.


Gleichzeitig, im Sommer 1948 führte die Bildhauerklasse der Schule für Kunst und Handwerk einen Wettbewerb durch, um Entwürfe für ein lebensgroßes Kruzifix zu erhalten. Der Leiter der Bildhauerklasse war damals Theo Siegle. Es heißt, Pfarrer Schütz habe während des Krieges gelobt, ein solches Kruzifix zu spenden, wenn St. Ursula unzerstört das Inferno übersteht. Der Direktor der Schule, Henry Gowa, berichtet in einem Schreiben vom 26. Juni 1948 an das bischöfliche Generalvikariat. "Von sechs eingereichten Entwürfen hat ein Preisrichterkollegium, bestehend aus dem Direktor und dem Lehrerkollegium der Anstalt, drei Entwürfe ausgewählt, die Ihnen zur Begutachtung vorgelegt werden. Die Arbeiten sind nach der Qualität geordnet." Die nach Meinung des Kollegiums beste Arbeit wird folgendermaßen beschrieben: "Sehr eindrucksstarkes, sehr großes Empfinden und künstlerische Gestaltung sind bei dieser Arbeit wohl am glücklichsten vereinigt. Der Kopf ist stark nach vorn geneigt." Die Antwort von Prof. Irsch am 28.7.1948 lautet: "Mit Ihnen und Ihrem Lehrerkollegium bewundere ich den Entwurf I zu einem Kruzifix für Scheidt. Dem jungen Künstler ist ein Fortschreiten auf diesem Wege zu wünschen, das ihm auch in anderen Fällen den Eintritt ins Gotteshaus ermöglichen wird, besonders dann, wenn er sich nicht nur in das Menschliche, sondern in das Übernatürlich-Göttliche der darzustellenden heiligen Personen versenkt." Dieser Kruzifix-Entwurf wurde umgesetzt. Leider ist der Name des Künstlers nicht bekannt.
Bei einer Besichtigung der Kirche im März 1950 stellte Irsch mit Freude fest, "dass die Wandgemälde im Chorraum der Kirche sowohl nach ihrer Wirkung im ganzen Raum als auch bei Sicht aus der Nähe durchaus würdig und fromm wirken; auch die Gesetze der Wandmalerei sowie eine vernünftige Vergeistigung sind in denselben wohlbeachtet. Bei dem schönen, auf den Kirchenraum gut eingestimmten Kruzifix des Altares war, wie bereits vorher befürchtet, das Antlitz infolge starker Beschattung nicht sichtbar." Und schließlich lobt er noch den "sehr schönen Bau", er liege "landschaftlich und künstlerisch so günstig, wie kaum eine andere Kirche im Bistum, jedoch gibt ihre Entfernung von den Wohnungen der Pfarrkinder zu Bedenken Anlass." Letzteres wird sich in den nächsten 60 Jahren vollkommen ändern. Doch Würde, Frömmigkeit und Schönheit von Gemälden und Kruzifix konnte die Gemeinde sehr bald nicht mehr erkennen.


Ein Kreuzweg mit 14 gemalten Stationen wurde ebenfalls von Schülern der Schule für Kunst und Handwerk ausgeführt. In welcher Klasse und unter wessen Leitung ist unbekannt. Anzunehmen ist jedoch, dass sie ebenfalls von Schülern Masereels gemalt wurden.

1953/54 wurden die Fresken mit weißem Putz überdeckt. So waren sie nicht mehr sichtbar und auch die Farbfassung des Raumes ging dabei verloren. Über die Gründe kann nur spekuliert werden. Für große Teile der Gemeinde dürfte es schwierig gewesen sein, einen Zugang zu den Werken zu finden, im aufblühenden Wirtschaftswunder war das Verständnis für die Kunst der ersten Nachkriegszeit, so überhaupt je vorhanden, verloren gegangen. In der Schule für Kunst und Handwerk war niemand mehr, der die Malerei beaufsichtigen konnte. Frans Masereel hatte 1952 die Schule verlassen, nachdem seine Lehrtätigkeit im Kollegium umstritten war, insbesondere auch seine häufige Abwesenheit. Er galt, obwohl Katholik, als von den Franzosen unterstützter Sozialist und Kommunist, was den meisten Gemeindemitgliedern sicher nicht gefallen hat. Auch Henry Gowa war entlassen worden und verließ Saarbrücken. Martha Traut und die anderen ehemaligen Meisterschüler hatten ihr Studium beendet. Und schließlich war auch der Mitinitiator und Auftraggeber, Pfarrer Schütz, im Ruhestand. Er konnte bei der Einweihung seinen "Gemeindekindern Sinn und Art der Bilder" noch erklären. "Denn die Frauen und Männer, die da an den Wänden des Chores rechts und links vom Altar in Gruppen sich drängen, den Blick zum Tabernakel gewandt oder vor ihm gesenkt, sind keine berühmten Heiligen wie sonst in alten und neuen Kirchen. Es sind Menschen wie du und ich, wie die Menschen, die da in den Bänken knien, aufrecht oder gebeugt, in Schauen oder in Gebet versunken. Menschen, die hoffen, einmal, trotz allem, der Schar von Gottes Heiligen zugezählt zu werden, und dann nach Seiner Verheißung teilzunehmen an Seiner Herrlichkeit und Glückseligkeit, wie sie jetzt teilnehmen an der Gedächtnisfeier Seines Erlösungsopfers. Communicantes et Memoriam Venerantes …" (SZ, 23.10.1948) Wie wenig diese Wandgemälde der nachfolgenden Generation gefallen haben dürften, zeigt allein schon die Tatsache, dass die Kirche 1956 zusammen mit einem neuen Taufstein auch einen in Oberammergau geschnitzten Kreuzweg erhielt.
1984, zum 50jährigen Kirchenjubiläum, war wieder eine Kirchenrenovierung notwendig. Die 1965 eingebaute Heizungsanlage musste erneuert werden, wie schon 1967 erhielt sie erneut einen Innenanstrich. Zuvor erinnerten sich einige alte Gemeindemitglieder an die ausdrucksstarken Wandfresken und es gelang ihnen, den verborgenen Schatz zu heben. Die Fa. Restauratoren Mrziglod legten sie in mühsamer Arbeit wieder frei. Der Erhaltungszustand der Wandgemälde war erstaunlich gut. Nur kleinere Stellen mussten retuschiert werden. Das Kreuz mit dem lebensgroßen Korpus wurde ebenfalls restauriert. Es hatte lange Jahre an einer Außenwand gehangen. Die bisher eingelagerten Kreuzwegstationen wurden gereinigt und erhielten schlichte Rahmen, die farblich am besten mit der roten Bänderung um die Fensterlaibungen korrespondierten. Priestersitze und Ambo schmückte der Kölner Künstler Egino Weinert mit in Bronzeguss ausgeführten Szenen aus dem Alten Testament.


Die nächste Innenrenovierung fand zwanzig Jahre später statt. Der Anstrich in gebrochenem Weiß von 1984 wurde zusammen mit zwei älteren Dispersionsanstrichen abgenommen. Dabei kam ein monochromer Innenanstrich im hellen Ockerton ans Licht, mit dem die Wandfresken einst überstrichen waren. Der zu den Wandgemälden gehörende Farbton in graugrün gebrochenem Weiß aus wasserlöslichem Material –sichtbar noch als Hintergrund der Wandgemälden - war dabei abgewaschen worden. Der neue Kirchenanstrich nach einem Entwurf von Frau Mrziglod-Leiß fasst die Wände in einem sehr hellen Ockerton und die Decke in Graugrün. Diesem Farbton passen sich nun alle Holzgegenstände – die Empore, die Holzbalkendecke, die Fensterrahmungen und die Kirchenbänke an.


Jetzt war das erklärte Ziel, dem Kirchenraum weitgehend sein ursprüngliches Gepräge und seine Raumharmonie, dem ungeordneten und übermöblierten liturgischen Raum seine sakrale Würde zurück zu geben. Das Tabernakel hat seinen Platz in der vorgesehenen Öffnung an der Chorrückwand gefunden. Das Taufbecken steht links vom Altar, so dass jedermann am Taufgeschehen teilnehmen kann.


Marlen Dittmann



Quellen:

  • Briefwechsel Kath. Kirchengemeinde St. Ursula und Schule für Kunst und Handwerk mit Bischöflichen Generalvikariat. Kopien im Archiv Dittmann, dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt von Regionalarchitekt Marcell Hürtgen

 

Bibliografie

  • Festschrift aus Anlass der Einweihung des Pfarrjugendheimes der katholischen Pfarrgemeinde "St. Ursula" Scheidt am Feste der Hl. Ursula Sonntag, dem 21. Oktober 1962. Hg. Kath. Pfarrgemeinde St. Ursula. Scheidt 1962
  • "Schüler Frans Masereels malen Kirchenfresken". In: Saarbrücker Zeitung vom 23. Oktober 1948
  • "Elementare Gefühle im Alltag". In: Saarbrücker Zeitung vom 3. Oktober 1984
  • "Die Kraft für unser Leben". In: Paulinus vom 7. Oktober 1984
  • Peter Riede: Das Werk Frans Masereels. Eine Schule des Sehens, des Lebens, der Menschlichkeit. In: Saarheimat 10 /1985, S. 239 f
  • Lieselotte Kugler: Zwischen Kunstakademie und Kunstgewerbeschule. Die Staatliche Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken. In: Von der Stunde O zum Tag X. Das Saarland 1945-1959. Hg. Stadtverband Saarbrücken. Merzig 1990, S. 289 f.
  • Marcell Hürtgen: Kirchliche Denkmalpflege im Bistum Trier Scheidt Pfarrkirche St. Ursula. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte, 56. Jahrgang 2004, S. 536 f
  • "Pfarrkirche St. Ursula in Scheidt. In: Paulinus vom 18. Januar 2004
  • Jo Enzweiler (Hg.): Sichtbar machen. Staatliche Kunstschulen im Saarland 1924-2004. Saarbrücken 2006

 

Redaktion: Oranna Dimmig


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