Union Stiftung, Saarbrücken, "Kunstgarten", Bereich des Parkplatzes. Foto: Mechthild Schneider, LPM Saarücken-Dudweiler

Union Stiftung, Saarbrücken, "Kunstgarten", Bereich des Parkplatzes 

Union Stiftung, Saarbrücken, "Kunstgarten", Eingangsbereich und Übergang zum Parkplatz. Foto: Institut für aktuelle Kunst

Union Stiftung, Saarbrücken, "Kunstgarten", Eingangsbereich und Übergang zum Parkplatz 

Seiji Kimoto, "Abwehr - Auslieferung", 2003, Stahl/Alu-Guss, ca. 158 x 40 x 70 cm. Foto: Mechthild Schneider, LPM Saarücken-Dudweiler

Seiji Kimoto, "Abwehr - Auslieferung", 2003, Stahl/Alu-Guss, ca. 158 x 40 x 70 cm 

Sigrun Ólafsdóttir, "Berührung 1", 2002, Stahl/Aluminium, ca. 140 x 120 x 6 cm (ohne Sockel). Foto: Mechthild Schneider, LPM Saarücken-Dudweiler

Sigrun Ólafsdóttir, "Berührung 1", 2002, Stahl/Aluminium, ca. 140 x 120 x 6 cm (ohne Sockel) 

Georg Zimmermann, "sich selbst zu Genüge", 1988, Stahl, ca. 135 x 62 x 148 cm. Foto: Institut für aktuelle Kunst

Georg Zimmermann, "sich selbst zu Genüge", 1988, Stahl, ca. 135 x 62 x 148 cm 

Ney Bertrand, "On the road", 2008, Marmor, ca. 164 x 42 x 52 cm. Foto: Institut für aktuelle Kunst

Ney Bertrand, "On the road", 2008, Marmor, ca. 164 x 42 x 52 cm 

Paul Schneider, "Sonnentrichter", 2003/4, Andesit, Radwan, Ukraine, ca. 100 x 88 x 70 cm. Foto: Institut für aktuelle Kunst

Paul Schneider, "Sonnentrichter", 2003/4, Andesit, Radwan, Ukraine, ca. 100 x 88 x 70 cm 

Leo Kornbrust, "Nürnberger Stein, Variante IV",1974, Basaltlava, ca. 108 x 60 x 113. Foto: Mechthild Schneider, LPM Saarücken-Dudweiler

Leo Kornbrust, "Nürnberger Stein, Variante IV",1974, Basaltlava, ca. 108 x 60 x 113 

Jo Enzweiler, "Silvacane A,3", 2009, Schwarzer chinesischer Granit, 180 x 44 x 44 cm. Foto: Institut für aktuelle Kunst

Jo Enzweiler, "Silvacane A,3", 2009, Schwarzer chinesischer Granit, 180 x 44 x 44 cm 

Werner Bauer, ohne Titel, 2009, Glasdruck, 7 x 9 m. Foto: Institut für aktuelle Kunst

Werner Bauer, ohne Titel, 2009, Glasdruck, 7 x 9 m 

Saarbrücken, Union Stiftung, "Kunstgarten"

Letzte Änderung: 19/07/2012

Der "Kunstgarten" der Union Stiftung in Saarbrücken-Malstatt

 

Die Förderung von Kunst, Wissenschaft und Kultur gehört neben der Arbeit für die staatsbürgerliche Bildung und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu den in der Satzung der Union Stiftung vorgegebenen Aufgaben. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten bemüht sich die Stiftung, dem Auftrag zur Kunstförderung auch im Bereich der Bildenden Kunst gerecht zu werden. So stellt sie seit vielen Jahren ihr Haus für Ausstellungen zur Verfügung, beteiligt sich an der Finanzierung von Veröffentlichungen zur bildenden Kunst und fördert gelegentlich auch größere Kunstprojekte, wie etwa die von Otto Freundlich entwickelte und von Leo Kornbrust aufgegriffene Vision einer "Straße des Friedens". 

 

Möglichkeiten zur Ausstellung größerer Skulpturen gab es im Haus oder im Umfeld der Stiftung bislang allerdings nicht. Im Zuge der Planungen zu einer dringend notwendigen Renovierung des Außengeländes entstand im ­Stiftungsvorstand die Idee, auf den neu gestalteten Flächen Standorte für Skulpturen vorzubereiten. Der mit der Planung der Baumaßnahme beauftragte Saarbrücker Architekt Thomas Hepp griff diese Idee sehr engagiert auf. Die schwierige Aufgabe, die eine Funktion der Freifläche als Parkplatz mit ihrer anderen Funktion, dem Sichtbarmachen von Kunst, zu verbinden, löste er mit viel Gespür.

 

Mit diesen Vorbereitungen verbindet die Stiftung eine zweite Förderkonzeption für Skulpturen. Die der Stiftung für die Förderung der Bildhauerei zur Verfügung stehenden Mittel und ­Ausstellungsmöglichkeiten sind begrenzt. Würde man sie für Ankäufe von Objekten einsetzen, ließe sich im Jahr des Ankaufes sicherlich ein auch für die Künstlerinnen und Künstler interessanter Fördererfolg erzielen. Die Stiftung hätte allerdings ihre Mittel und gleichzeitig auch ihre Ausstellungsmöglichkeiten für viele Jahrzehnte blockiert. Kann man jedoch die Kunstschaffenden dazu gewinnen, eines ihrer bereits vorhandenen Objekte für ein, zwei oder drei Jahre gegen eine zu vereinbarende Vergütung für Ausstellungszwecke zur Verfügung zu stellen, bleiben auch in den kommenden Jahrzehnten unterschiedliche Akzentsetzungen möglich. 

 

Die Union Stiftung ist froh, mit Jo Enzweiler, Seiji Kimoto, Leo Kornbrust, Bertrand Ney, Sigrún Ólafsdóttir, Paul Schneider und Georg Zimmermann namhafte Künstler mit einem Bezug zu unserer Region für den Beginn dieses Ausstellungskonzeptes gewonnen zu haben. (Für die Förderentscheidungen der Stiftung ist übrigens der regionale Bezug der Projekte ein wesentliches Kriterium.) Der Künstlerin und den Künstlern gilt unser großer Dank für den Mut, eine Vorreiterrolle für diese Konzeption zu übernehmen. Sollte es Nachahmer geben, würde der Vorstand der Union Stiftung diese gerne beglückwünschen. 

 

Als wichtiges Zeugnis der gegenwärtigen Kunst in unserer Region und sozusagen als "basso continuo" für künftige Ausstellungsinhalte auf dem Gelände der Union Stiftung wird die von Werner Bauer­ geschaffene und dauerhafte Gestaltung der Außenfassade gelten. 

 

Dank schuldet die Union Stiftung Herrn Prof. Dr. Lorenz Dittmann für den Textbeitrag zu dem ­kleinen Führer. Wie kaum ein anderer Wissenschaftler begleitet Prof. Dittmann die Entwicklungen der bildenden Kunst in unserer Region und stellt sie in den kunsthistorischen Zusammenhang. Dank gebührt auch dem Institut für aktuelle Kunst im Saarland für die fachkundige Hilfe bei der Vorbereitung dieser ­Dokumentation. 

 

Die Union Stiftung freut sich über mehrere tausend Personen, die jährlich ihr Haus besuchen, unter ihnen sehr viele junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Seminare. Ihr Weg in das Haus führt künftig an den ausgestellten Skulpturen vorbei. Die Union ­Stiftung bekennt sich nachdrücklich zu ihrem Standort in Saarbrücken-Malstatt. Wenn diese Ausstellungskonzeption zur Aufwertung von Malstatt beiträgt, ist das ausdrücklich gewollt.

 

Rudolf Warnking (Vorsitzender des Vorstandes der Union Stiftung)

 

 

 

 

Die Skulpturen im "Kunstgarten" der Union Stiftung

 

Skulpturen sind plastisch oder raumhaft, figural oder abstrakt. Die in der Union-Stiftung versammelten Werke messen die Bandbreite dieser Möglichkeiten aus.

Seiji Kimoto, 1937 in Osaka, Japan geboren, studierte Innenarchitektur und Zen-Malerei in Osaka, war danach als freischaffender Innenarchitekt tätig, besuchte 1967 das Goethe-Institut in Staufen bei Freiburg; es folgte ein Studium an der Werkkunstschule Saarbrücken bei Boris Kleint und seit 1971 seine Tätigkeit als freischaffender Künstler. Er lebt in Wiebelskirchen, im alten Neunkircher Industrierevier.
Seine Kunst widmet sich ganz dem Thema des Leidens. Werke aus Holz und Seil tragen Titel wie "Verspannung" und "Bindung", eine Arbeit aus Holz und Papier "Menschenschatten", Figuren als gestikulierend kniende, als erschrocken stehende hauchdünne Silhouetten. Seinen Zyklus "Macht und Ohnmacht, Menschen - Spuren - Schatten" stellte er 2006 auf dem Gelände des Konzentrationslagers Mauthausen aus (Künstlerblatt Seiji Kimoto, 2007). Diesem Zyklus gehört auch das hier zu sehende Werk "Abwehr - Auslieferung" an, ein Stahl-Alu-Guss von 2003. Der Leib eines frontal aufragenden Menschen ist zu Brett geworden. Füße, von Nägeln durchbohrt, strecken sich davon ab. Arme überkreuzen sich schützend vor dem eingezogenen Haupt, Metaphern der Angst, des Versteckens, des Sich-Schützen-Wollens vor einem ungreifbar Drohenden, in lapidarer Verdichtung und Vereinigung mit einem unorganisch gewordenen Körper, der von Furchen der Höhe nach durchzogen wird. Das rostig wirkende Braun der Figur brennt an den Furchen-Innenkanten an den Nägeln von Händen und Füßen und am Haupt blutigrot auf.


Gegen diese Konzentration des Expressiven haben es die abstrakten Werke schwer, auf gleicher Ebene zu bestehen. Ihr Ziel ist ein anderes, prinzipielleres: etwa die Dimensionen des Räumlichen bewusst zu machen, in denen auch jedes figurative Werk sich verorten muss.

 

So lässt Sigrún Ólafsdóttir in ihrem Werk "Berührung I" (Stahl, Aluminium) einen flachen schmalen Bogen an und um einen gleichermaßen flachen, gespannten, aufrechtstehenden Bogen schwingen. Die Weite, das gewissermaßen ins Unendliche Ausschwingende das Raumes wird darin Gestalt - aber ist es nicht auch eine Figur, die man darin imaginieren kann? Ist "abstrakte" Plastik ohne Thema, ohne "Bedeutung"? Gewiss nicht. Schon der Titel "Berührung" deutet an, wie sich Seiendes im Raum begegnen kann.
Sigrún Ólafsdóttir wird 1963 in Reykjavik, Island, geboren, studiert 1986-89 Bildhauerei an der Kunsthochschule Reykjavik, von 1990-94 an der Hochschule für Bildende Künste Saar bei Wolfgang Nestler und wird Meisterschülerin bei ihm. Sie erhält 2005 das Stipendium der Pollock-Krasner Stiftung New York und 2007 das CIA Stipendium vom Center for Icelandic Art, Island. Sie lebt und arbeitet in Saarbrücken. Cornelieke Lagerwaard schreibt: "Ihr Thema ist das Verhältnis zweier sich gegenseitig bestimmender Kräfte. Gegensätze, und zwar im weitesten Sinne: schwarz und weiß, männlich und weiblich, hart und weich, nass und trocken, hässlich und schön, Krieg und Frieden, Weite und Nähe - oder eben 'Force and Tenderness' - die sich gegenseitig bedingen.
Das Moment des Gleichgewichtes zwischen diesen Gegensätzen ist die Quintessenz der Arbeit von Sigrún Ólafsdóttir. Hierbei handelt es sich nicht um ein statisches, sondern um das Gleichgewicht in der Bewegung: um den kurzen Moment, wenn beide Elemente gleich stark (oder schwach) ausgeprägt sind - die Pause zwischen Ein- und Ausatmen, zwischen Ebbe und Flut, zwischen Flieh- und Anziehungskraft (wenn der hochgeworfene Ball einen Augenblick lang in der Luft 'hängt')" (www.künstlerlexikonsaar.de, Stand 19.5.2010)

In anderer Weise ist das in der 1988 entstandenen Plastik "Sich selbst zu Genüge" von Georg Zimmermann der Fall. Eine schneckenhausartig gebogene und sich aufrichtende Folge von schmalen Sechseck-Konturen durchdringt sich selbst mit immer schmaler werdenden Sechseck-Blättern, um sich schließlich oben mit einer aggressiven Spitze wieder nach außen zu kehren. Das Sich-Selbst-Genügen ist mithin kein "soziales", sondern ein abweisendes. Genügt es damit wirklich sich selbst? Stellt der in Krefeld lebende Künstler eine psychische Situation kritisch dar? Fragen, die sich aufdrängen - und jedenfalls wieder ein Hinweis darauf, wie auch "Abstraktes" ausdruckshaft gelesen werden kann.
Georg Zimmermann wird 1960 in Kevelaer geboren, absolviert eine Ausbildung zum Maler und Lackierer in Krefeld, besucht die dortige Fachoberschule für Gestaltung, studiert von 1983-90 an der Kunstakademie Düsseldorf bei Eggenschwiler, Rinke und Megert und wird Meisterschüler bei Christian Megert. Seit 1991 ist er als freischaffender Bildhauer und parallel dazu in der kunstpädagogischen Erwachsenenbildung tätig. Ein Statement Zimmermanns zu seiner künstlerischen Arbeit lautet: "Seit geraumer Zeit beschäftige ich mich mit der skulpturalen Verbildlichung von Zeitvergehen und der damit einhergehenden Modifizierung von Dingen, von den Wesen der Vergänglichkeit und des Zerfalls erzählen meine Arbeiten. Mich interessieren Momentaufnahmen, fragmentarische Sichten früherer Ganzheitlichkeit von Form und Gestalt. Aufgeschnittene Flächen und Formen, wie aufgerissen und von langer Zeit des Vergehens verzehrt, birgt diese Wandlung doch geheimnisvolle Schönheit". Diese Selbstaussage bestätigt, was auch der unmittelbare Eindruck zeigt.
 
Ausdruckshaft wirkt auch "On the road" von Bertrand Ney, 2008 aus schwarzem Marmor, durchfurcht von weißen Schrägen, auch seitlich aufgeklüftet, wild, emotional, wie ein eigenes, flammendes Leben verzehrend, und dieses Leben auch von verschiedenen Seiten aus je anders darbietend. Vielleicht deshalb auch der Titel: "On the road", unterwegs - dem beständigen Dasein anscheinend so wesenfremd.
Bertrand Ney ist 1955 in Rodemack, einer kleinen mittelalterlichen lothringischen Festungsstadt nahe der Grenze Luxemburgs, geboren. Er hat die École Nationale Supérieure des Beaux Arts in Paris absolviert und lebt und arbeitet seither in Luxemburg. Er war und ist kontinuierlich an internationalen Steinbildhauersymposien beteiligt, am Symposion "Steine an der Grenze", das Paul Schneider auf dem alten Grenzweg zwischen Merzig und dem französischen Launstroff initiiert hat, dann bei "Steine im Dreiländereck" in Nennig, an Symposien in Germersheim, Oberbillig und Pirmasens. In Luxemburg war er in Bilsdorf, im Naturpark Obersauer, an einem Symposion beteiligt, das der luxemburgische Keramiker Pit Nicolas 1995 geleitet hat, als Luxemburg erstmals europäische Kulturhauptstadt war. In Luxemburg hat Bertrand Ney weitere Symposien organisiert, zuerst in Diekirch, dann im Naturpark Obersauer, in Lutzhausen. Er hat an Symposien in Südkorea und China teilgenommen und nimmt am Projekt der "Straße des Friedens" teil, das Leo Kornbrust als "Hommage an Otto Freundlich" organisiert. (Paul Bertemes: Eröffnungsrede in St. Wendel, 26. August 2007). Bei Bertrand Neys Stein "On the road" ist die Lebensreise, sind die Vielfalt und das Emotionale dieser Reise gleichsam in den Stein selbst eingedrungen und werden von ihm aufgefangen.

Der "Sonnentrichter" ist ein für das Schaffen von Paul Schneider höchst charakteristisches Werk. Paul Schneider, 1927 in Saarbrücken geboren, schließt eine Maurerlehre mit der Gesellenprüfung ab, studiert dann an der Staatlichen Werkakademie Kassel und danach an der Kunsthochschule Staedel in Frankfurt und arbeitet seit 1953 als freischaffender Bildhauer. Er hält sich zu Studien in Italien und Griechenland auf, schafft bewegliche Skulpturen, absolviert einen Schweißerlehrgang und nimmt 1969 am Symposion für Stahlarbeiten in Kosice, Slowakei, statt. 1971 beginnt seine intensive Beschäftigung mit der Steinbildhauerei. Er nimmt am Internationalen Bildhauersymposion in St. Wendel teil, danach an vielen anderen Bildhauersymposien, in Tirgu Ju (Rumänien), in Tivoli, in St. Margarethen (Österreich), in Perchtoldsdorf bei Wien, hält sich mehrmals in Indien auf, ist 1978 Initiator und Teilnehmer des Internationalen Bildhauersymposion in Saarbrücken-St. Johann, ist 1985 Mitbegründer des Symposions "Steine an der Grenze" in Merzig, um nur einige Stationen seines schaffensreichen Lebens zu erwähnen. Er lebt und arbeitet in Merzig-Bietzen. (Künstlerblatt Paul Schneider, 2008)
Ein wichtiges Thema Paul Schneiders sind die "Sonnensteine", der kosmische Bezug der Steine zum Licht der Sonne und zugleich die Entdeckung des Kosmos im Inneren des Steines.
So ist es auch beim "Sonnentrichter 2004", einem Andesit aus Radwan in der Ukraine: Paul Schneider unterscheidet sorgfältig zwischen der "Haut" des Gesteins und seinem Inneren, kontrastiert das hellbraune, körnige dünne Äußere gegen das hellgraue, glattpolierte Innere, höhlt dieses Innere mit präzisen Kanten in fließenden, spitzovalen und ovalen Schwüngen in eine Mulde aus, die Mulde wird zu einer kreisförmigen Höhlung, deren Dunkelheit schräg in die Tiefe führt. Darin verschwindet das einfallende Licht der Sonne und taucht am Ende der Höhlung wieder auf. Das Licht selbst hat sein Schicksal, der Stein ist der Ort, an dem und in dem das Licht sein Schicksal, seinen Untergang und seine Wiederkunft, erfährt.

Leo Kornbrust wird 1929 in St. Wendel geboren, absolviert dort eine Schreinerlehre und danach eine Holzbildhauerlehre in Morbach im Hunsrück. 1949 führt ihn eine Reise nach Frankreich, wo er u.a. eine Ausstellung der Werke von Henri Laurens besucht. 1951-57 studiert er an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Toni Stadler. Danach unternimmt er Reisen nach Griechenland, Italien, Spanien und Portugal. Er bezieht ein Atelier in München mit einer Bronzegießwerkstatt und wirkt an Restaurierungsarbeiten in der Münchner Residenz und am Cuvilliés-Theater, München, mit. 1958 heiraten Felicitas Frischmuth und Leo Kornbrust. 1960 erfolgt die Rückkehr nach St. Wendel mit einem Atelier an der Damra. 1971 initiiert er das Internationale Bildhauersymposion in St. Wendel, 1972 nimmt er teil am Ostertreffen der Bildhauer aus Ost und West am "Tisch des Schweigens" von Brancusi in Tirgu Jiu in Rumänien. 1978 wird er an den Lehrstuhl für Bildhauerei in Verbindung mit Architektur an der Akademie der Bildenden Künste in München berufen. 1979 wird er Initiator?der "Straße der Skulpturen" in ?St. Wendel. 1987, 1989 und 1991 reist er nach Ägypten, 1990 erfolgt ein Arbeitsaufenthalt in Tokio. 1991-93 nimmt er das Amt des Prorektors an der Akademie der Bildenden Künste, München, wahr. 1999 wird er zum korrespondierenden Mitglied der Bayerischen Akademie der schönen Künste gewählt. 2006 initiiert er den Verein "Straße des Friedens - Straße der Skulpturen in Europa - Otto Freundlich Gesellschaft". Er lebt und arbeitet in St. Wendel. (Künstlerlblatt Leo Kornbrust, 2008)
Wichtige Themen des Steinbildhauers Kornbrust sind architekturbezogene Stelen, oft mit Inschriften von Felicitas Frischmuth, "Steinthrone", und Arbeiten, die als "Analysen" des menschlichen Körpers zu verstehen sind, zum Beispiel: "Zum Thema menschliche Figur: Behandlung und Problematik der inneren Linie", "Große organische Form", oder "Kubus, zerlegt".
Auf den menschlichen Leib bezogen wirkt auch der "Nürnberger Stein, Variante IV", von 1974: Der Basaltlava richtet sich aus einer dreigliedrigen, stellenweise sanft gewölbten Basis auf, steigt dreigliedrig in die Höhe, wird hier belastet von einem im oberen Teil leicht nach vorne geneigten, schlanken und doch auch als Gewicht zu empfindenden stereometrischen Körper, der seinerseits gestützt wird von einem nach oben zu keilförmig anwachsenden "Rückgrat". Bewundernswert ist das zum Organischen werdende Kräftespiel stereometrischer Elemente. Man beachte, wie die vorderste, aus dem Horizontalen aufsteigende Schicht gegen den "belastenden Leib" und das "stützende Rückgrat" leicht nach rechts verschoben ist, schon damit asymmetrische Beweglichkeit in eine Komposition aus stereometrischen Elementen einbringend.
 
Den größten "Sprung" in seiner künstlerischen Entfaltung vollzieht Jo Enzweiler. Enzweiler, 1934 in Merzig-Büdingen geboren, studiert anfänglich Rechtswissenschaft in Saarbrücken und Hamburg, danach Malerei, Kunsterziehung und Französisch an der Akademie der Bildenden Künste, München, bei Ernst Geitlinger, an der École des Beaux Arts Toulon (bei Olive Tamarin), an der Universität Aix-en-Provence und am Hochschulinstitut für Kunst- und Werkerziehung Saarbrücken bei Boris Kleint. Von 1959-72 wirkt er als Kunsterzieher in Saarbrücken, 1969 ist er Mitbegründer und seither künstlerischer Berater der Galerie St. Johann, Saarbrücken und Mitherausgeber der Veröffentlichungen des Verlags St. Johann, Saarbrücken. 1972-78 ist er Akademischer Rat an der Pädagogischen Hochschule des Saarlandes, in der Lehre der Grafischen Gestaltung, 1979 Professor der Fachhochschule des Saarlandes, Fachbereich Design, 1988 Gründungsbeauftragter und 1989 Gründungsrektor der Hochschule der Bildenden Künste Saar, 1989-99 Professor für Malerei an dieser Hochschule, seit 1993 Direktor des Instituts für aktuelle Kunst im Saarland an der Hochschule der Bildende Künste Saar in Saarlouis. Er lebt und arbeitet in Wallerfangen. (Künstlerblatt Jo Enzweiler, 2009)
Das grundlegende bildnerische Element in Enzweilers Kunst war lange Zeit eine durch einen oder mehrere Risse rhythmisierte rechteckige, meist liegende Fläche aus mehrschichtigem Karton. Der Riss legt die einzelnen Lagen des Kartons in der Verschiedenheit ihrer Farben und Materialoberflächen frei. Die gerissene Kartonfläche wird auf eine zweite aufgebracht, die als Folie wird. Aus diesem Grundelement gewinnt Enzweiler ein fast unübersehbare Fülle von Variationen, auch farbige als Gouachen, oder als Grundlage von Papierschnitten. Seit 2008 entwickeln sich aus der Mehrschichtigkeit Reliefs aus Holz, mit Packstoff überkleidet, in braun, und daraus räumlich-plastische Gebilde, ebenfalls aus Holz und Packstoff, in braun. Schritt für Schritt verwandelt sich das Papier als künstlerisches Medium in ein binnenräumliches oder aus plastischen Elementarformen wie Kubus und Zylinder und aus dem Kubus abgeleite Schnitte, bei denen nur der neutralisierende Packstoff eine ferne Erinnerung an Kartonhaftes noch leistet.
Der letzte Schritt wird 2009 mit der vollen Körperform getan, mit den aus Kuben entwickelten Pfeilern aus schwarzem chinesischen Granit, an jeder Seite schräg geteilt durch eine Halbseite. Enzweiler nennt sie "Silvacane", in Erinnerung an das Kloster an diesem Ort in der Provence. Der schwarzgraue Granit ist ganz neutral gehalten und schimmert doch leicht, da er mit der Hand geschliffen wurde. Seine Höhe entspricht menschlichem Maß. Seine Statik wird durchquert von der Dynamik einer schrägen Halbsäule, die aber nicht von linker unterer Ecke zur rechten Ecke oben führt, sondern leicht von diesen Ecken abgesetzt ist und so über das Pfeilergebilde hinaus zu weisen scheinen. Scharfe Kanten stehen gegen die sanften Übergänge der Halbsäulen. Je anders wirkt das Werk im Licht, voll beleuchtet, halb im Schatten mit Lichträndern an den Halbsäulen, vom Gegenlicht gestreift, und mit dem wandernden Licht sich verändernd. Auch die Proportionen scheinen sich zu verändern, das Unten wird breiter als das Oben. Statisches und Dynamisches tauschen sich miteinander aus.

Werke der abstrakten Kunst, vornehmlich der geometrisch-abstrakten, sind Kunstwerke und machen zugleich etwas vom seinsmäßigen Aufbau der Natur sichtbar, von der Ermöglichung allen Lebens durch das Licht der Sonne, vom zielstrebigen Selbstaufbau der Natur, vom notwendigen Zusammenhang von Raum und Körper.

Ist denn materielles Sein einfach in den Raum hineingestellt? Wie soll das gehen? Nein, Materie und Raum entstehen miteinander. "Körperliches ist in sich selbst 'raumhaft' [...] Man kann das Körperliche in diesem Sinn auch direkt das 'Räumende' nennen". "Materie ist ein Geräumtes und dadurch Raumerfüllendes; aber es gewinnt diese Geräumtheit nur durch einen 'Seinsakt' der Räumung. Wieder stehen wir an einem entscheidenden Punkte, an dem die Einführung einer seinskonstitutiven Wirkweise notwendig wird, d.h. einer Wirkweise, die ein Naturhaftes in irgendeine wesenskonstitutive Beschaffenheit einsetzt, das Naturhafte in seinem Wirken also nicht einfach voraussetzen kann. Auch die räumliche Ausgedehntheit der Stoffsubstanzen, soweit sie aus Massenhaftem bestehen, ist nicht einfach seinsstatische Gegebenheit, sondern das Wirkereignis einer doppelten Potentialität; einer solchen, die die aktive Fähigkeit zur Räumung besitzt, und einer solchen, die passiv materialiter dazu veranlagt ist, geräumt zu werden. Beide Komponenten sind von folgenreicher Wichtigkeit für die Gesamterstellung der physischen Welt." Es sind Sätze von Hedwig Conrad-Martius (1888 Berlin-1988 München), der Schülerin von Edmund Husserl und Max Scheler (Edmund Husserl und die phänomenologische Bewegung, 1988, S. 426, 228 ff, 244 ff.), die da im Zitat (Hedwig Conrad-Martius, 1961, S. 342 f) erscheinen. In vielen Untersuchungen hat sie sich der Ontologie des Realen gewidmet (Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft. 66. Jahrgang, Festschrift für Hedwig Conrad-Martius, 1958) und so die naturwissenschaftlich nicht zu fassenden (weil dort immer schon vorausgesetzten) Wesenskräfte des Realen sichtbar gemacht.
Aber noch mehr: der schwarze Granit des Werks von Enzweiler lässt etwas ahnen von der inneren Unermesslichkeit, dem Grenzenlosen der Materie und des Raumes, das dem Oberflächenraum und der aktuell gegebenen Materie zugrunde liegen muss: "Materialität schließt in sich genau dieselbe Paradoxie, wie wir sie im Kontinuitätsraum vorfinden. Das ist selbstverständlich, da der Raum ein genaues formal-dimensionales Abbild der Materie ist. ?Auch Masse enthält, soweit und so fern sie ist, die Antinomie des überbrückten Unendlichkeitsabgrundes. Innerhalb ihrer selbst ist sie ins Unendliche teilbar und insofern ein Apeiron. Ein Stück Masse aber in ihrer Gänze genommen ist ein endliches 'Von hier bis dort'. Mit dem Körper nun ist der Unendlichkeitsabgrund nicht nur geometrisch, sondern real überwunden. [...]" (Hedwig Conrad-Martius, 1958, S. 92)
Die im Licht sich wandelnden Graustufungen dieses chinesischen Granits und das weißliche Innere des Andesits beim Werk Paul Schneiders machen die Nähe von Materie und Licht sichtbar, von der auch Conrad-Martius spricht: "Den fertig konstituierten materiellen Stoff kann man eigentlichst als 'ekstatischen' bezeichnen; so erstaunlichst das zunächst klingen mag, weil man gewohnt ist, gerade Materialität als das an und für sich in sich Ruhende, Statische anzusehen. Und das ist sie auch, aber nur insofern, als es sich um die Statik der Ekstase, um die Seinsruhe des kraft eigener ontischer Dynamik aus sich selbst Herausgesetzten handelt. Nur die Ekstasis macht das Körperliche zu einem Raumhaften. Geräumte Substantialität ist Ekstasis. Einzig und allein wegen dieser wesenhaft ekstatischen Artung kann die körperliche Welt unmittelbar und als solche erscheinen, kann sie 'ins Licht treten'. Bekanntlich kann Materie aber auch in Licht, in Strahlungsenergetik weitgehend umgewandelt werden [...]" (Hedwig Conrad-Martius, 1961, S. 344.).

Leo Kornbrust aber erfüllt den Stein mit der Wesensentelechie, dem Zielstrebigen des Lebendigen. (Conrad-Martis, 1961, S. 410 ff.: Die Wesensentelechie,  S. 443 ff.: Die Bildungsentelechie im Organischen.)
 
Abschließend sei die 2009 entstandene Fassade von Werner Bauer vor der Gartenfassade der Union-Stiftung erwähnt. Werner Bauer wird 1934 in Völklingen geboren, absolviert von 1955-57 ein Lehramtsstudium und wird, nach dem Examen für Kunsterziehung und Werken an Realschulen, von 1964-93 Kunsterzieher in Dillingen und in Lebach. Von 1968-74 entstehen Arbeiten mit weißen und farbigen seriellen Holzteilen, von 1973-80 Arbeiten mit seriellen Acrylteilen mit und ohne künstlichem Licht, 1977-85 kinetische Arbeiten mit Acrylteilen, künstlichem Licht und Motoren, 1981-90 Arbeiten mit Silikon als Lichtträger, 1989-97 Arbeiten mit verschiedenen Kunststoff-Folien, seit 1997 Arbeiten mit O.L.F. (optical light film) mit und ohne künstlichem Licht (Künstlerblatt Werner Bauer, 2007).
Es geht Werner Bauer also um Licht und Bewegung, und in immer neuen Variationen bringt er diese Phänomen miteinander in Beziehung, und so auch bei der für die Gartenfront der Union-Stiftung geschaffenen Fassade vor der Fassade, eine durchsichtige Wand in mehreren horizontal übereinanderliegenden Streifen, mit zarten weißen Elementen nebeneinander, die anfänglich nur ein Flimmern bewirken, bei genauerer Betrachtung sich jedoch als genau bedachte und geregelte Abfolgen wellenförmig an- und abschwellender weißer Vertikaler in unterschiedlichen Höhen und Ausschnitten zeigen. Unterschiedliche Beleuchtung, das Licht des Tages und die Beleuchtung bei Nacht, lassen die Wellen je anders erscheinen, werden zur fast unerschöpflichen Quelle für den lesenden Blick.

 

Lorenz Dittmann

 

 

Bibliografie

  • Hedwig Conrad-Martius: Der Raum. München 1958
  • Philosophisches Jahrbuch der Görres-Gesellschaft. 66. Jahrgang, Festschrift für Hedwig Conrad-Martius. Freiburg, München 1958
  • Hedwig Conrad-Martius: Der Selbstaufbau der Natur. Zweite, überarbeitete Auflage, München 1961
  • Edmund Husserl und die phänomenologische Bewegung. Zeugnisse in Text und Bild. Im Auftrag des Husserl-Archivs Freiburg im Breisgau herausgegeben von Hans Rainer Sepp, Freiburg, München 1988
  • Künstlerblatt Seiji Kimoto. Herausgegeben von Jo Enzweiler. Saarbrücken 2007
  • Künstlerblatt Werner Bauer. Herausgegeben von der Stadt St. Ingbert in Zusammenarbeit mit dem Institut für aktuelle Kunst im Saarland. Saarbrücken 2007
  • Betrand Ney. In: Paul Bertemes et / und Jean Colling (Editeurs / Herausgeber): Visites d'Ateliers - Atelierbesuche. Volume 4 / Band 4. Luxembourg / Luxemburg 2008
  • Künstlerblatt Leo Kornbrust. Herausgegeben von Jo Enzweiler. Saarbrücken 2008
  • Künstlerblatt Paul Schneider. Herausgegeben von Jo Enzweiler. Saarbrücken 2008
  • Künstlerblatt Jo Enzweiler. Herausgegeben von der Stadt St. Ingbert in Zusammenarbeit mit dem Institut für aktuelle Kunst im Saarland. Saarbrücken 2009
  • www.kuenstlerlexikon-saar.de
  • Kunstgarten. Union Stiftung Saarbrücken. Einblicke. Saarbrücken 2010

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