Gertrud Riethmüller, "Ginsterlicht - Schlieren im Auge", 1999, Performance an der Gedenkstätte Saarbrücken

Gertrud Riethmüller, "Ginsterlicht - Schlieren im Auge", 1999, Performance an der Gedenkstätte Saarbrücken 

Gertrud Riethmüller, Stahlplatte "will nicht narben", 1999, ehemalige Hängung in der Fußgängerunterführung bei der Gedenkstätte Neue Bremm, Saarbrücken (Foto: Oranna Dimmig)

Gertrud Riethmüller, Stahlplatte "will nicht narben", 1999, ehemalige Hängung in der Fußgängerunterführung bei der Gedenkstätte Neue Bremm, Saarbrücken 

Stahlplatte "will nicht narben", 1999, aktuelle Aufstellung auf der Gedenkstätte Neue Bremm, Saarbrücken (Foto: Oranna Dimmig)

Stahlplatte "will nicht narben", 1999, aktuelle Aufstellung auf der Gedenkstätte Neue Bremm, Saarbrücken 

Stahlplatte "will nicht narben", 1999, aktuelle Aufstellung auf der Gedenkstätte Neue Bremm, Saarbrücken, Rückseite (Foto: Oranna Dimmig)

Stahlplatte "will nicht narben", 1999, aktuelle Aufstellung auf der Gedenkstätte Neue Bremm, Saarbrücken, Rückseite 

Riethmüller, Performance „Ginsterlicht – Schlieren im Auge“

Letzte Änderung: 22/06/2011

In den 1990er Jahren begann ein öffentlicher Diskurs um die Neugestaltung der Gedenkstätte Neue Bremm in Saarbrücken, die zur Erinnerung an ein kleines, von den Überlebenden als besonders grausam beschriebenes Gestapo-Lager der NS-Diktatur unweit des deutsch-französischen Grenzübergangs an der Goldenen Bremm errichtet worden war. Der noch unter französischer Regie 1947 realisierte Gesamtentwurf des Pariser Architekten André Sive war im Laufe der Jahre durch mehrere Eingriffe so nachhaltig verändert worden, dass die Gedenkstätte zu einem weitgehend anonym gewordenen, den Zweckmäßigkeiten von Straßenbau und Gewerbegebiet angepassten Ort verkommen war. Der Gedenkort schwand immer mehr aus der öffentlichen Wahrnehmung. In dieser Situation fand sich 1998 als Bürgerinitiative die "Initiative Neue Bremm" zusammen mit dem Ziel, sich für den Erhalt und die Gestaltung des Gedenkortes einzusetzen. Die "Inititative Neue Bremm" wird vornehmlich von Personen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen und Institutionen getragen, darunter von der Hochschule der Bildenden Künste Saar.

In den Diskurs griffen auch Studierende und Absolventen der Hochschule der Bildenden Künste ein, indem sie durch dem Einsatz neuer künstlerischer Medien die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den gefährdeten Gedenkort zu lenken und die Existenz einer Stätte des NS-Terrors in das allgemeine Bewusstsein zurückzubringen suchten.

Gertrud Riethmüller, Jahrgang 1961, Meisterschülerin von Prof. Ulrike Rosenbach (Neue künstlerische Medien) und seit 1998 freischaffende Künstlerin, entschied sich für das Ausdrucksmittel einer Performance, in deren Verlauf ein Kunstobjekt für den öffentlichen Raum entstand. Als Ort wählte sie die unwirtliche Fußgängerunterführung, die die Besucher der Gedenkstätte nehmen mussten, wenn sie sich ihr von der westlichen Trottoirseite der Metzer Straße aus näherten. Den Treppenaufgang vor dem Gedenkort hatte Riethmüller mit einer Stahlplatte verstellt. Im Laufe der Performance durchschlug sie mit einem Schweißbrenner diese Stahlplatte von der Rückseite aus und schrieb lesbar für die auf der anderen Seite stehenden Anwesenden die Worte „will nicht narben“ hinein.

Der Titel der Performance "Ginsterlicht – Schlieren im Auge" spielt auf die Flurbezeichnung "Neue Bremm" an. Im Pfälzischen und Lothringischen ist das Wort Bremm ein gebräuchlicher Name für das Pfriemenkraut (auch Besenstrauch genannt), eine Ginsterart. Die Bezeichnung "Goldene Bremm" – vom Französischen als "brême d’or" adaptiert – geht auf die Prinzessin Helene Luise Elisabeth von Mecklenburg-Schwerin zurück, die 1836 auf der Reise nach Frankreich zu ihrer Vermählung mit dem Herzog Ferdinand von Orleans die preußisch-französische Grenze an der Metzer Straße passierte. Zu ihrem Empfang streuten die Bewohner eines allein stehenden Gehöfts an der Grenze die goldgelben Blüten des Bremmstrauches, weswegen die Prinzessin die Häusergruppe "Goldene Bremm" genannt haben soll. Die "Goldene Bremm" oder "Alte Bremm" liegt auf französischer Seite, das später auf deutscher Seite errichtete Gasthaus wurde im Unterschied dazu "Neue Bremm" genannt (vgl. Gerhard Bauer: Flurnamen der Stadt Saarbrücken. Bonn 1957, S. 129). Das ehemalige Gestapo-Lager, die heutige Gedenkstätte, liegt auf der dem Gasthaus "Neue Bremm" gegenüberliegenden Straßenseite.

Nach der Performance wurde die Stahlplatte in der Fußgängerunterführung aufgehängt. Als bei der Neufassung der Gedenkstätte Neue Bremm 2004 die Unterführung teilweise geschlossen und durch einen ampelgestützten Überweg ersetzt wurde, musste für die Platte ein neuer Standort gefunden werden. Die "Initiative Neue Bremm" als Bauherrin entschied sich für die Aufstellung am Rande des ehemaligen Männerlagers, neben dem Alstinger Weg. Die Hängung an einem eigens dafür geschaffenen Betonsockel lässt den während der Performance durch die Flamme des Schneidbrenners entstandenen Schriftzug "will nicht narben" durchscheinen.



Bibliografie

  • Sabine Graf: "Will nicht..." fräst fauchend und zischend der Schweißbrenner ins Metall. "Ginsterlicht – Schlieren im Auge": Eine Performance der Künstlerin Gertrud Riethmüller in der Unterführung an der Gedenkstätte Neue Bremm. In: Saarbrücker Zeitung, Lokalteil Stadtverband, 17. Mai 1999
  • Günther Buth: Die Neugestaltung der KZ-Gedenkstätte Neue Bremm in Saarbrücken. Die Diskussion von 1994-1999. In: Saarbrücker Hefte, Heft 81, 1999, S. 18-19, S. 19
  • Jo Enzweiler (Hg.): sichtbar machen. Staatliche Kunstschulen im Saarland 1924-2004. Saarbrücken 2006 >>>

 

Oranna Dimmig


COPYRIGHT ©

Institut für aktuelle Kunst im
Saarland an der Hochschule
der Bildenden Künste Saar

Choisyring 10
66740 Saarlouis
49 (0) 6831 - 460 530

Kategorien

Facebook

Besuchen Sie uns auf facebook

Ihre Partner für Typo3 - Saar - Saarland - Saarbrücken

Dieses Projekt wird gefördert durch ZMP Solutions Gmbh - Saarbrücken.