Katholische Pfarrkirche Maria Königin, Saarbrücken, St. Johann, Außenansicht von Westen. Foto: Marco Kany

Katholische Pfarrkirche Maria Königin, Saarbrücken, St. Johann, Außenansicht von Westen 

Ansicht von Nordwesten. Foto: Marco Kany

Ansicht von Nordwesten 

Ansicht Glockenturm und Pfarrheim. Foto: Marco Kany

Ansicht Glockenturm und Pfarrheim 

Portal. Foto: Kunsthistorisches Institut der Universität des Saarlandes

Portal 

Grundriss

Grundriss 

Innenansicht, Blick in die Westkonche, Zustand vor 1963. Foto: Kunsthistorisches Institut der Universität des Saarlandes

Innenansicht, Blick in die Westkonche, Zustand vor 1963 

Langhaus nach Osten mit Blick in den Altarraum (Ostkonche), Fenster: Wilhelm Buschulte, 1963. Foto: Marco Kany

Langhaus nach Osten mit Blick in den Altarraum (Ostkonche), Fenster: Wilhelm Buschulte, 1963 

Fenster von Wilhelm Buschulte Foto: Foto: Kunsthistorisches Institut der Universität des Saarlandes

Fenster von Wilhelm Buschulte 

Tabernakelstele von Karl Schrage in der Ostkonche. Foto: Marco Kany

Tabernakelstele von Karl Schrage in der Ostkonche 

Langhaus nach Westen mit Orgel. Foto: Marco Kany

Langhaus nach Westen mit Orgel 

Eingang der Sakristei. Sandsteine des Kreuzweges von Elmar Hillebrand und Theo Heiermann. Foto: Marco Kany

Eingang der Sakristei. Sandsteine des Kreuzweges von Elmar Hillebrand und Theo Heiermann 

Altarraum nach Südosten. Foto: Marco Kany

Altarraum nach Südosten 

Taufplattform. Foto: Marco Kany

Taufplattform 

Obere Krypta - Marienkapelle. Foto: Marco Kany

Obere Krypta - Marienkapelle 

Untere Krypta. Foto: Marco Kany

Untere Krypta 

Fensterdetail "Königin der Apostel", Wilhelm Buschulte, 1963. Foto: Marco Kany

Fensterdetail "Königin der Apostel", Wilhelm Buschulte, 1963 

Fensterdetail "Maria Königin". Foto: Marco Kany

Fensterdetail "Maria Königin" 

Grundstein. Foto: Marco Kany

Grundstein 

Saarbrücken, Bezirk Mitte (St. Johann), Katholische Pfarrkirche Maria Königin

Letzte Änderung: 17/02/2014

Katholische Pfarrkirche Maria Königin

Kohlweg 42, Saarbrücken, St. Johann

 

Auf einem ansteigenden Grundstück am Südwesthang des Schwarzenbergs mit weitem Blick über die Stadt und die bewaldete Hügellandschaft an der Saar steht seit 1959 die Pfarrkirche Maria Königin. Der schmucklose Bau aus rotem Sandstein und Beton beherrscht mit seiner monumentalen 20 m hohen Westkonche eindrucksvoll und unübersehbar ein Wohnviertel, das sich nach dem Krieg hier ausbreitete. Der Kirchenvorstand hatte am 7. Dezember 1953 den Bau beschlossen, nachdem die Kapelle des Oblatenklosters, in der bis dahin die Gottesdienste stattfanden, zu klein geworden war. Für den damaligen Seelsorger, Pater Augustinus Reinstadler OMI, kam, angeregt von Rudolf Schwarz's Buch "Vom Bau der Kirche" und nach der Besichtigung mehrerer Kirchen, nur ein Bau höchsten künstlerischen Anspruchs in Frage. Er hatte auch die kurz vor der Vollendung stehende Kirche St. Michael in Frankfurt, von Rudolf Schwarz zwischen 1952 und 1956 erbaut, besucht.  Für Saarbrücken wünschte er einen vergleichbaren Bau. Ein Direktauftrag an Schwarz scheiterte jedoch am Votum der Landesregierung, die den Bau finanziell unterstützte. Sie bestand auf einem Wettbewerb unter fünf erfahrenen Kirchenbaumeistern. Neben Schwarz wurden eingeladen: Hans Jakob Lill und Bernd Christ aus München, Albert Dietz, Saarbrücken und Emil Steffann aus Mehlen, NRW sowie Hermann Baur, Basel. Dieser konkurrierte im Saarland noch ein weiteres Mal mit Schwarz. Die Pfarrkirche St. Josef in Merzig durfte Baur errichten.


Im Ausschreibungstext für Maria Königin heißt es: "Die Kirche soll eine ausgeprägte Marienkirche sein. Sie wird erbaut mit Rücksicht auf das Marianische Jahr und soll der besonderen Verehrung des Unbefleckten Herzens Mariens dienen und damit den Gedanken Papst Pius’ XII innerhalb des Saarlandes verankern …" (Götz, 1988, S. 5) Rudolf Schwarz reichte zwei Vorschläge ein. Das Gutachterkollegium wählte die Variante A aus und empfahl sie als Grundlage der weiteren Bearbeitung, weil sie der Vorgabe und der topografischen Situation am besten entsprach. Sie wurde mit nur geringen Modifikationen auch umgesetzt.

Am 8. Dezember 1954 fand der erste Spatenstich statt, am 31. Mai 1956 wurde der Grundstein gelegt und drei Jahre später, am 31. Mai 1959 die Kirche geweiht. Es war jeweils das Fest Maria Königin.

Rudolf Schwarz zählte zu den bedeutendsten Kirchenbaumeistern sowohl der Vorkriegszeit als auch der ersten Nachkriegsjahrzehnte. Nach dem 2. Weltkrieg baute er bis zu seinem Tod 1961 noch 39 Kirchen und setzte darin die Gedanken der liturgischen Reformbewegung um. Durch Rudolf Schwarz, Dominikus Böhm und einige mehr gewann sie ihren architektonischen Ausdruck mit sakralen Räumen, in denen der Zusammenhang der liturgischen Orte durch die Zuordnung von Altar, Tabernakel und Ambo sichtbar war. Zu den Zielen der Reformbewegung gehörte eine lebendigere Einbeziehung des Wort-Gottesdienstes, vor allem aber, alle Gläubigen an der heiligen Handlung teilnehmen zu lassen. Die gemeinsame Messfeier sollte sich durch die räumliche Nähe von Altar und Gemeinde ausdrücken, indem diese nahe an den Altar heranrückte, ihn nach Möglichkeit im Halb- oder Dreiviertelkreis umstand. Die Folge waren Zentralräume oder zumindest kürzere Langhäuser. In der wegweisenden Fronleichnamskirche in Aachen, 1931 von Rudolf Schwarz erbaut, hatte die architektonische Umsetzung der Ziele der Liturgiereform ihren ersten Höhepunkt erreicht. Mit diesem "klassisch abgewogenen Rechteck mit würdevoller Höhe, seitlich ein niederes Seitenschiff eingebunden," zielte Schwarz "auf den reinen Kubus, auf die kristallklare Raumhaltigkeit einfachster geometrischer Formen." (Schnell, 1962, S. 155) "An die Stelle von Einrichtungen, von Schmuck, architektonischen Überschneidungen oder Linien setzte er nach seiner Intention 'Leere'". Die Kirche ist geprägt vom Langhausgedanken, Schwarz hielt bis zu seinem Lebensende daran fest. Denn für ihn bedeutete der Altar nicht die Mitte, sondern den Mittler, eine "Schwelle zu Gott". Und er sah in den "Circumstantes-Kirchen", - die Dominikus Böhm bevorzugte, etwa mit St. Albert auf dem Saarbrücker Rodenhof -, nur eine von vielen Möglichkeiten. Erst in den 1950er Jahren entwarf er auch Grundrissgestaltungen, die ein Umstehen des Altars ermöglichten. Sie blieben jedoch die Ausnahmen: St. Andreas in Essen-Rüttenscheid, 1954/57 auf kreuzförmigem, die Kirche der Hl. Familie in Oberhausen, 1956/58 erbaut, auf quadratischem Grundriss und schließlich in Saarbrücken Maria Königin auf sich kreuzenden Ellipsen. Denn auch in den 1950er und 1960er Jahren wurde von den Architekten - Le Corbusier, Rudolf Schwarz, Dominikus und Gottfried Böhm und vielen anderen - weiterhin intensiv über neue Formen des liturgischen Raumes nachgedacht. Sie bewältigten die Spannung zwischen liturgischem Funktionalismus und architektonischem Ausdruck, zwischen Theologie und Gestalt mit eindrucksvollen Kirchenbauten.

Schwarz glaubte aber niemals, "dass man liturgisch bauen könne, so wie man liturgisch singen, musizieren, beten kann. Die Liturgie schreitet in einer Reihe von Innenräumen daher, die man mit Worten, Gesängen, mit Musik begleiten kann, doch niemals mit Bauwerken, denn der Bau umsteht groß und schweigend den liturgischen Vorgang".  Rudolf Schwarz legte seine Erfahrungen in Büchern "Vom Bau der Kirche" und "Kirchenbau - Welt vor der Schwelle" nieder. In dessen letztem Kapitel "Kirchenbau ist Teilnahme, nicht Bedienung" schreibt er: "Die gottesdienstliche Grundgestalt musste zu einer architektonischen Gestalt ausgelegt werden und wie er (der Baumeister) das tun solle, das sagte sie (die Liturgie) ihm nicht. Sie bedarf der Zutat aus dem Bereich reiner Poesie - dieses Wort in seinem unerbittlichen, strengen und notwendigen Sinne gemeint und nicht etwa als Dichtelei -, dem Bereich der Gestalten und Bilder. Das einzusehen, ist eine Sache schlichter Erfahrung. Wer beginnt, eine Kirche zu planen, merkt sogleich, dass die Liturgie ihm keine Angaben für seinen Entwurf macht. Sie reicht ihm große Weisungen und entlässt ihn damit in seine Freiheit …. Über ihren Weisungen müssen Bauten errichtet werden, und wie er das tun soll, das sagt ihm niemand. Er muss die Liturgie in ein großes, bewohnbares Bild eintun, denn der Bau nimmt in der Weise des Bilds an der Inkarnation teil. Da er dies aber erfindet, setzt er Gestalt, und die hat einen Sinn, denn es gibt keine Form, die nicht etwas besagt. Bei einer Kirche aber muss das eine große und heilige Aussage sein." Und weiter heißt es: "Ich erkannte als höchste und unersetzbare Leistung, das Überschüssige zu tun, und erfand das Wort von dem ‚poetischen Beitrag’, ohne den kein Kirchenbau gerät." (Schwarz, 1960. Zitiert nach: Bauwelt 35, 30. August 1971, S. 1421 f.)

Maria Königin ist eine von schöpferischer Phantasie beseelte Kirche, ein "großes bewohnbares Bild". Es entstand kein liturgisch gerechtfertigter Zweckbau, sondern eine künstlerisch autonome Gestalt, die den gottesdienstlichen Handlungen freies Spiel lässt.

Rudolf Schwarz hat wenige Grundriss- und Bautypen immer wieder variiert und damit dennoch jeweils neue, unverwechselbare Kirchenräume geschaffen. Im Wesentlichen waren, wie erwähnt, seine Kirchenbauten von Rechteckformen bestimmt. Erst in den 1950er Jahren entstanden einige wenige, durch die Kurve geprägte Baufiguren. Zu ihnen gehört Maria Königin.

 

Die Kirche ist 46 m lang, 34 m breit und 15 m hoch. Die Westseite erreicht eine Höhe von 20 m, da hier wegen der Hanglage eine Krypta untergeschoben werden konnte. Das im Innenraum sichtbare tragende Gerüst, die mächtigen Vierungspfeiler, das Versteifungskreuz der Vierung, die Unterzüge der Dachkonstruktion sind aus Stahlbeton. Weitgeschwungene Betonrahmen und kräftige Pfosten tragen und stützen die riesigen Glasfenster. Seine monumentale Wirkung erhält der Kirchenbau durch 80 cm dicke gemauerte Wände aus rotbraunem Sandstein, der in der Landstuhler Gegend gebrochen wurde. Dabei ist das Bruchsteinmauerwerk außen wie innen bossenhaft rau belassen wie bereits bei St. Anna in Düren 1952-1955 erprobt. Diese Kirche fand neben der Fronleichnamskirche in Aachen und St. Michael in Frankfurt die größte Resonanz.


Der Grundriss von Maria Königin muss als eine Weiterentwicklung der Frankfurter Kirche angesehen werden. Dort hatte Schwarz an ein langgestrecktes Ellipsoid noch zwei kleinere schräggestellte Ellipsoide angehängt - er selber bezeichnete sie ironisch als "Wackelohren", - die die Funktion von Konchen übernehmen. Den streng geometrischen Grundriss von Maria Königin bilden zwei sich kreuzende, verschieden lange Ellipsoide mit senkrecht aufeinander treffenden Achsen. Durch die Wahl des Kreuzungspunktes entsteht eine Figur mit symmetrisch geschwungenen Teilellipsen, drei von ihnen formal gleichartig, die vierte länger gestreckt, oder anders formuliert, ein nach Westen gerichtetes Langhaus, das in eine zentralisierende Anlage aus Vierung, Querschiff und Chor mündet, die als Konchen angesehen werden können. Eine vierte Teilellipse, die Westkonche, schließt das Langhaus ab. Die Anlage erinnert an "die mittelalterliche Sonderform des Kleeblatt- oder Dreikonchenchores" und wird "zum bestimmenden Element des Erscheinungsbildes", (Kahle, 1990, S. 101) so die architekturhistorische Einordnung. Doch für Schwarz verkörpert die Kleeblattform "Maria in einem mystischen Sinne. Die Form ist eine ´mystische Rose` in Gestalt eines Kelches. Nach oben aber tut sich die Rose auf in Fenstern, die mit unterster Spitze die Altarstelle berühren und sich nach oben, dem Himmel zu, weit öffnen. Der Bau und in ihm die ganze Erde wird dann Kelch für das Licht, er wird geistliches Gefäß, Erde, die den Himmel empfängt. So soll der ganze Raum den Gedanken der unbefleckten Empfängnis darstellen." (Götz, 1988, S. 7) Dem geometrischen Grundriss ist das Urbild des Kelches übergeordnet.


Diese Grundrissdisposition erscheint im Außenbau als mächtiger festverankerter Turm mit ausgebreiteten leichten Flügeln. In den Gelenken, von den Vorlagen der Vierungspfeiler markiert,  durchbrechen parabelförmige Glasfenster die gekurvten, völlig schmucklosen, sich nach oben verjüngenden Mauerflächen  Hoch oben in der Westkonche ist ein Kreuzrelief eingelassen, tief unten acht schlitzartige Fenster, die ein wenig Licht in die Unterkirche lassen. Kein herausgehobenes Kirchenportal, kein unmittelbarer Zugang in den Kirchenraum ist zu finden. Nur ein versteckt liegender seitlicher Eingang, eine schlichte Doppeltür aus Kupfer, führt in eine kleine dunkle Halle im Untergeschoss des Langschiffes, von der durch ein verglastes Stahlgitter eine Art Unterkirche oder Werktagskirche abgetrennt ist. Eine Apsis birgt den Altar, einen schlichten Sandstein, in einer kleineren Rundung steht die Fatima-Madonna. Die Gläubigen müssen ihren Weg suchen, dadurch "auf die Teilnahme an einem so hohen Geheimnis vorbereitet sein." (Götz, 1988, S. 7) Gegenüber der Werktagskirche entdeckt der Besucher eine breite Treppe, die ihn über 9 Stufen auf eine halbrunde Plattform unter der Westkonche geleitet. Nicht in einer eigenen Taufkapelle, wie sie Dominikus Böhm mit Vorliebe in seinen Kirchen schuf, sondern hier, unmittelbar am Weg, steht das Taufbecken, eine fast weiße Sandsteinsäule, umgeben von einem ornamentierten Kranz aus Schieferplatten. Sie unterscheiden sich von den unregelmäßig verlegten Rechteckplatten, die den gesamten Kirchenboden bedecken. Damit verweist Schwarz auf diesen herausgehobenen Ort.

 

Und weiter steigt der Gläubige, der Besucher, über schmale, sich beidseitig an die Umfassungsmauern schmiegende Treppen höher hinauf in den eigentlichen Kirchenraum. Nach jeder genommenen Stufe öffnet dieser sich mehr, verliert an Dunkelheit, gewinnt an Licht. Schließlich überwältigt den Besucher bergende Weite, Lichterfülle, die selbst an einem trüben Tag und seiner Gedämpftheit noch empfunden werden kann. Der Raum scheint zu schweben. Hinten, in der Westkonche erhebt sich die Orgel, davor haben die Sänger ihren Platz, doch die Blicke des Gläubigen richten sich auf das Zentrum des Raumes, die Altarinsel, eine Plattform, die sich in Vierung und Ostkonche ausbreitet und damit an den Chor früherer Kirchen erinnert. Der Altar steht, durch drei Stufen - Symbol für die Dreifaltigkeit - leicht erhöht, ein wenig aus der Mitte der sich kreuzenden Konchen verschoben. Der schlichte, quadratische Sandsteinblock ist sparsam geschmückt mit nach oben ausschwingenden Eckverstärkungen und eingetieften Rillen auf den Blockseiten. Sie nehmen das Parabelthema der Glasflächen auf. Hinter dem Altar, in der Ostkonche trägt eine Stele den Tabernakel, geschaffen von Karl Schrage aus Wuppertal. Die konkav einschwingenden Seiten der Stele werden jeweils an den Ecken von Rundstäben aufgefangen. Den feuervergoldeten Kastenschrein des Tabernakels umzieht ein Fries aus rautenförmig geschliffenen weißen Emailplatten. Der Ambo, ganz an die Kante der Altarinsel gerückt und damit der Gemeinde am nächsten, ist eine stämmige Rundstütze mit blockhafter Rücklage und breiter Abdeckplatte. Wie Altar und Tabernakel-Stele kennzeichnen auch ihn die einfachen, archaisch anmutenden Formen. Diese Altarinsel nun wird von einem riesigen, immateriellen Baldachin geschützt. Rudolf Schwarz spricht von einem "ins Licht gebauten Baldachin" (Kahle, 1990, S. 143). Er gewinnt dieses Bild aus der Konstruktion. Das Baugerüst formt gleichzeitig die Tragstruktur eines Baldachins: die Vierungspfeiler aus Stahlbeton wachsen aus den Verschmelzungspunkten der Konchen in die Höhe, das Versteifungskreuz trägt eine gewichtlos wirkende flache Holzdecke. Die raumhohen, parabelförmig zwischen die sich nach oben verjüngenden Mauerscheiben gefügten Glasflächen sind mehr als Fenster, sie wirken als Wand, als Lichtwände konstituieren sie den Kirchenraum. Er scheint nach oben aufzusteigen. Fenster markieren immer den Übergang von Innen nach Außen, als Kirchenfenster erhalten sie letztlich den Sinn einer Öffnung in die Ewigkeit hinein. Doch hier verweigern sie dem Betrachter jeden gegenständlichen Außenbezug, nur das einfallende Licht verweist auf eine übergeordnete, nicht fassbare Existenz. Aus dem Wechselspiel zwischen kraftvollen gemauerten Sandsteinwänden und materiell leichten farbigen Glasfenstern, aus der Dynamik von Bewegung und Gegenbewegung, aus dem Aufsteigen und wieder Gefangenwerden gewinnt der Raum seine prägnante, spannungsreiche Wirkung. Die Blei-Glasfenster, entworfen von Wilhelm Buschulte, erst 1964 eingesetzt, verwandeln das Innere in eine reine Farbensymphonie, in der die Darstellungen von Symbolen der Marienverehrung leuchtende Akzente setzen.


In die in den Farbtönen Opalweiß, abgestuftem Grau und Grün gehaltenen Fenster sind die Symbole in Blau, Geldgelb und Rot eingestreut. Zusammen mit dem Grau der Betonteile, dem dunklen Rot des Mauerwerks, dem hellen Lärchenholzton der Decke entsteht ein harmonischer Gesamtfarbklang. Das Bildprogramm ist in freier Anlehnung an den Text der Lauretanischen Litanei auf die Kirche als Inkarnation der "Maria Königin" abgestimmt. Beginnend in der Ostkonche und im Uhrzeigersinn zu lesen bedeuten die formal abstrahierten Symbole: Morgenstern, Königin der Apostel, Königin der Märtyrer, Geistliche Rose, Goldenes Haus, Maria Königin, Arche des Bundes, Königin des hl. Rosenkranzes, Königin der Engel, Elfenbeinerner Turm.
Die rauen Bruchsteinwände wirken als Folie für den Kreuzweg. Die 14 Sandsteinreliefs findet der Kirchenbesucher in der Süd- und der Nordkonche. Sie sind in das Bruchsteinmauerwerk eingelassen, auch hervorgehoben, verschmelzen mit diesem. Jede einzelne Station ist ein eigenes Kunstwerk, unterscheidet sich von der nächsten durch Konzeption und Größe, ist als Voll-, Halb- oder Flachrelief in einer abstrahierten Formensprache geschaffen von den Kölner Künstlern Professor Elmar Hillebrand und Theo Heiermann. Dennoch bilden sie eine Einheit.

Wendet sich der Gläubige oder der Besucher ab vom Altar, schweift sein Blick zurück in die Westkonche und fällt auf die technisch vollkommene, neun Meter hohe Führer-Orgel, erbaut durch den Wilhelmshavener Orgelbauer Alfred Führer. Sie wurde am 22. November 1964 eingeweiht und am 1. Advent dieses Jahres durch den Trierer Domorganisten Wolfgang Oehms in einem Konzert vorgestellt. Die Orgel mit ihren sechs angeschrägten silbergrauen Pfeifenfeldern in einem Prospekt aus rotbraunem Lärchenholz, wie die Kirchendecke und das Gestühl, unterwirft sich dem Gesamtfarbklang der Kirche, bindet sich ein in die Harmonie.

"Vergleicht man die Fronleichnamskirche in Aachen, die sich durch ihre Leere, kristallene Klarheit und gesetzmäßige Ordnung auszeichnet, mit Maria Königin, deren von der Dachtraufe bis zum Erdboden in großen Segmentbogen ausschwingende Riesenfenster sich wie wehende Vorhänge öffnen, die die Funktion von Lichtmauern übernehmen und das schön geschichtete Mauerwerk in barockem Sinne in noch nie vorgekommener Weise und Konstruktion weit aufschließen, ist der entwicklungsreiche Weg ersichtlich, den Rudolf Schwarz innerhalb von 15 - 20 Jahren zurückgelegt hat. (Stünde diese Kirche in Frankreich, würde sie von vielen Deutschen besichtigt werden.)" (Schnell, 1962, S. 195) "Bei Schwarz war eine Kirche an ihrem nach Möglichkeit ausgezeichneten und in einer ablesbaren Figuration gehaltenen Hauptbau erkennbar, dem zumeist ein freistehender Glockenturm beigegeben war." (Pehnt, 1997, S. 162) Hier steht er abseits der Kirche, jedoch über die Sakristei und einen verglasten Gang mit dieser verbunden, dazu  eingebunden in die Gemeindebauten. Auch sie schieben sich parallel zur Kirche hintereinander den Hang hinauf: Pfarrhaus, Pfarrsaal und Gemeinderäume, Jugendheim und Kindergarten öffnen sich jeweils auf terrassierte Außenräume, Pfarrhof, Gärten. In die Stützmauern aus rotem Sandstein sind Verbindungstreppen eingebunden. Der Glockenturm nun bildet das Eckgelenk zu den sich anschließenden Gebäuden. Rund und sehr kompakt, niedriger als die Kirche ist er in der weiteren Umgebung eher unauffällig. Den Hof jedoch beherrscht diese Baufigur. Der obere Teil, in dem die Glocken hängen, wirkt wie eine Krone. Die Sandsteinmauern durchbricht ein Kranz von eingeschnittenen Parabelsegmenten. Schalltrichter schließen sie. In diesem wehrhaften und stämmigen Turm befindet sich der Eingang in das repräsentative Treppenhaus, das die Gemeinderäume erschließt. Er wird in voller Höhe von einer starken Säule durchzogen, die die Treppe trägt. Die Gemeindebauten dagegen öffnen sich mit haushohen Fensterfronten nach Süden. Sie charakterisiert konstruktive Leichtigkeit. Weiß verputzt, breitgelagert, mit flachen Dächern verkörpern sie den Bauwillen der 1950er  Jahre und setzen sich durch ihre Baugestalt, die den Aufgaben eines Funktions- und Verwaltungsbaus entspricht, zwar klar von dem Kirchenbau ab, bleiben dennoch untrennbar mit diesem verbunden.

 

Marlen Dittmann

 

 

Bibliografie 

  • Die Kirche Maria Königin. Festschrift zum 25jährigen Bestehen der Kirche und der Pfarrei Maria Königin Saarbrücken, 31. Mai 1984
  • Wolfgang Götz: Katholische Pfarrkirche Maria Königin in Saarbrücken. Rheinische Kunststätten Heft 333. Neuss 1988

  • Ein Lied für Maria Königin. 50 Jahre Pfarrkirche Maria Königin Saarbrücken. Hg. vom Katholischen Pfarramt Maria Königin. Fotografien von Marco Kany. Saarbrücken 2009

 

Redaktion: Oranna Dimmig


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