Lageplan der Kunstwerke entlang des Herzweges um den Schaumberg

Lageplan der Kunstwerke entlang des Herzweges um den Schaumberg 

Anni Kenn-Fontaine

Anni Kenn-Fontaine 

Max Kohn

Max Kohn 

Maryse Linster

Maryse Linster 

Inga Rusz

Inga Rusz 

Dörte Rathje

Dörte Rathje 

Claudia E. Schmitt

Claudia E. Schmitt 

Schaumberg, 1. Symposion "Gipfelkunst am Schaumberg"

Letzte Änderung: 05/07/2011

"Es ist ein gewagtes Unternehmen, den Zauber der Sinnenwelt einer Zergliederung seiner Elemente zu unterwerfen. Denn der großartige Charakter einer Gegend ist vorzüglich dadurch bestimmt, dass die eindrucksreichsten Naturerscheinungen gleichzeitig vor die Seele treten, dass eine Fülle von Ideen und Gefühlen gleichzeitig erregt werden", so Alexander von Humboldt in seinem Werk "Kosmos - Entwurf einer Physischen Weltbeschreibung" (Stuttgart 1874, S. 7)


Kunst in der "Gegend" des Schaumberg platziert, in der Natur des Tholeyer Landes: "Gipfelkunst"! - Glückt das gewagte Unternehmen; zergliedern die Kunstwerke den Zauber oder konzentrieren, bündeln sie seine Ausstrahlung oder machen sie gar die einzelnen "Elemente" wahrnehmbar ?!!?


"Dein Land macht Kunst" - so lautete das Motto der Landeskunstausstellung 2008; "Dein Land ist Kunst" - so ließe sich dieses kleine Symposion "Gipfelkunst" entlang des Herzweges auf dem Schaumberg untertiteln.

 

Man denkt an "Land Art", die "Umwandlung von geographischem in architektonischen Raum, beziehungsweise ein Kunstwerk". Im Sinne der Kunst des 20. Jahrhunderts waren dabei gestaltende und verändernde Eingriffe in die Landschaftsformationen gesucht, temporär oder auf Dauer angelegt, aber meist Eingriffe größeren Ausmaßes: riesige Erdbewegungen, Gräben, Aufschüttungen, Reihen von Felsblöcken schufen Kunstwerke, die weder dauerhaft noch käuflich oder transportabel waren. Dabei waren die Kunstwerke nicht als Objekte in der Landschaft platziert, nutzten die Landschaft nicht als Hintergrundfolie, sondern wurden selbst zur Landschaft oder anders gesagt: Landschaft wurde umgewandelt. Inzwischen wird die Bezeichnung "Land Art" sehr viel allgemeiner verwendet, Landschaft wird häufig ohne Bezug oder Rücksicht mit Artefakten möbliert.


Anders die "Gipfelkunst": Hier entsteht Kunst als Reflexion auf die Landschaft und integriert sich in sie oder setzt einen Kontrapunkt, wirft damit Fragen auf zum Verhältnis Mensch und Natur, zum Verhältnis des Teiles zum Ganzen.


So erscheint es in einem besonderen Licht, wenn der Kunsthistoriker Alois Riegl in einer Vorlesung zu Grundlagen der Kunst 1897/98 zum Thema 'Das Formgesetz von Natur und Kunst' bemerkt: "Die menschliche Hand bildet ihre Werke aus toter Materie genau nach den gleichen Formgesetzen, nach denen die Natur die ihrigen formt. Alles bildende Kunstschaffen des Menschen ist daher im letzten Grunde nicht anders als Wettschaffen mit der Natur“. (zitiert nach: Oskar Bätschmann: Entfernung der Natur. Köln 1989, S. 340)

 

Hat in der ursprünglichen "Land Art" der Künstler die Natur/Landschaft als Material mit ihren eigenen Mitteln gestaltet, so treten die Künstler der "Gipfelkunst" in den Dialog mit der Natur, mit der Landschaft, suchen nicht ein "Wettschaffen" im Sinne von Wettbewerb, Konkurrenz oder Gegnerschaft, sondern suchen im Wechselspiel den Charakter, das Wesen der Landschaft so aufzunehmen und wiederzugeben, so dass die Gesetzmäßigkeiten des Werdens, der Fortdauer und des Vergehens für die menschliche Wahrnehmung zugänglich werden, das Bewusstsein der Einbettung von Zivilisation in Natur begreifbar wird, das Kräftespiel von Naturkraft und menschlichem Schaffen erkenn- und erfassbar wird. Künstler und Natur "bilden" Werke mit verschiedenen Materialien, auf verschiedene Weise, aber nach gleichen "Formgesetzen", in Zusammenspiel und Ergänzung.


Es ist wieder einmal der Satz von Paul Klee, der auch hier den Kern trifft: "Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar."


Die Arbeiten der "Gipfelkunst" lassen Landschaft auf anderen Erkenntnisebenen wahrnehmbar werden, zeigen das Wechselspiel von Menschenwerk und Naturgewalt als Geben und Nehmen, Streit und Versöhnung, als Kräftemessen gegeneinander und als fruchtbares Zusammenfließen und machen letztlich auch fühlbar, wie die Natur/Landschaft sich mit ihrem Wesen in das menschliche Denken und Fühlen unmerklich hineinarbeitet. Dann entstehen Artefakte, mit denen der Mensch letztlich unfreiwillig "Ausführungsgehilfe" der Natur wird und damit, wenigstens hin und wieder, den Einklang herstellt oder wenigstens anmahnt.


Dabei sind die Arbeiten der "Gipfelkunst" sehr unterschiedlich und nähern sich dem "Generalthema" auf verschiedene Weise und aus verschiedenen Richtungen. So findet sich das Spiel mit Wahrnehmung und Vorstellung, ebenso wie das "bildlich machen" des Unsichtbaren; sichtbar machen, "was durch die Erscheinung der Dinge versteckt und verborgen wird," oder wie es Piet Mondrian schreibt: das sichtbar machen "in der bestimmten Darstellung des Universalen, das sich verschleiert und verborgen in der natürlichen Erscheinung der Dinge offenbart" (Oskar Bätschmann: Entfernung der Natur. Köln 1989, S. 182).

 

Stefan Kuberek bleibt am nächsten an der Natur, arbeitet mit ihren Elementen, ordnet sie neu und schafft neue Sinnbezüge.

 

Dörte Rathje und Claudia Schmidt beziehen "Menschenwerk" in ihre Arbeit ein, weniges nur, verhalten, aber intensiv und spannungsreich.


Inga Rusz lässt Natur und Menschenwerk ineinander fließen, sagt eines mit dem Vokabular des anderen, zeigt ein Gleichgewicht auf, das nur eben noch stabil ist und sich im nächsten Augenblick nach der einer oder anderen Seite neigen kann.

 

Anni Kenn-Fontaine und Heidrun Günther thematisieren die Betrachtung und Vermessung der Landschaft, der Natur, der Welt. Während bei Kenn-Fontaine leise Ironie mitschwingt über die Vergeblichkeit, das Nicht-Messbare zu vermessen, fordert Günther auf, Sehweisen und den menschlichen Aussichtspunkt auf die Natur zu überprüfen.

 

Max Kohn gibt sich unverkrampft der überschäumenden Freude über die Natur und über das In-der-Natur-sein hin.

 

Maryse Linster zeigt in ihrer Arbeit die Verknüpfungspunkte zwischen Natur und Menschenwerk auf mystisch-symbolische Weise.

 

Martin Heuer und Werner Spengler greifen die Seite des Wesen einer Landschaft auf, die in Märchen und Sagen metaphorisch erkennbar wird.


Eines ist allen Arbeiten gemeinsam: Sie erschließen sich nur, wenn der Betrachter sich auf sie einlässt und sich nicht nur der Mühe des Wanderns, sondern auch der des Nachdenkens unterzieht.


Das eingangs erwähnte Motto sollte eher so lauten: "In deinem Land ist Kunst" - die Künstler fördern sie zu Tage, auch und gerade auf dem Herzweg am Schaumberg.

 

Abschließend noch einmal ein Wort von Alexander von Humboldt: "Die Natur ist für die denkende Betrachtung Einheit in der Vielheit, Verbindung des Mannigfaltigen in Form und Mischung, Inbegriff der Naturdinge und Naturkräfte, als ein lebendiges Ganzes. Das wichtigste Resultat des sinnigen physischen Forschens ist daher dieses: in der Mannigfaltigkeit die Einheit zu erkennen; von dem Individuellen alles zu umfassen, was die Entdeckungen der letzten Zeitalter uns darbieten; die Einzelheiten prüfend zu sondern und doch nicht ihrer Masse zu unterliegen: der erhabenen Bestimmung des Menschen eingedenk, den Geist der Natur zu ergreifen, welcher unter der Decke der Erscheinungen verhüllt liegt. Auf diesem Wege reicht unser Bestreben über die enge Grenze der Sinnenwelt hinaus; und es kann uns gelingen, die Natur begreifend, den rohen Stoff empirischer Anschauung gleichsam durch Ideen zu beherrschen". (Kosmos - Entwurf einer Physischen Weltbeschreibung, Stuttgart 1874, S. 4)

 

 

Bibliografie

  • Gipfelkunst am Schaumberg. Ein Projekt von Gemeinde Tholey und Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler Saarland e.V. Redaktion: Monika Schrickel, Jutta Backes-Burr. Layout und Gestaltung: Mahren+Reiss Grafik Design. Saarbrücken o. J. (2008)

 

 

Michael Jähne


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